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Hochbegabt und dennoch auf der Sonderschule?
Rems-Zeitung, Artikel vom 26.04.2005

Schulartübergreifende Lehrerfortbildung zum Thema Hochbegabung

Schwäbisch Gmünd – Hochbegabung ist ein Thema, das bei weitem nicht nur Gymnasiallehrer interessieren sollte, vielmehr sind Kinder mit besonderen Begabungen an allen Schularten zu finden. Dass Hochbegabung selbst gelegentlich bei Kindern diagnostiziert wurde, denen eigentlich ein Wechsel auf die Sonderschule empfohlen wurde, dies erfuhren Lehrer bei einer schulartübergreifenden Fortbildung, zu der das Kompetenzzentrum für Hochbegabtenförderung und das Landesgymnasium für Hochbegabte eingeladen hatten.

VON TANJA BULLINGER

Die Rektorin des Landesgymnasiums Annette von Manteuffel begrüßte die Teilnehmer und erläuterte das pädagogische Konzept ihrer Schule. Die Leiterin des Kompetenzzentrums für Hochbegabtenförderung, Ingvelde Scholz, ging dann kurz auf die Gründe ein, weshalb neben lernschwachen Kindern eben auch (hoch-)begabte Schülerinnen und Schüler einer besonderen Förderung bedürften. Eine spezielle Förderung trage zu einer positiven Persönlichkeitsentwicklung bei und ermögliche in vielen Fällen erst, das Begabungen entfaltet werden können, erklärte sie. Als weitere Gründe nannte sie unter anderem das Recht auf Chancengleichheit, aber auch die Vermeidung von zusätzlichen Kosten und die Entlastung der Familien.

Denn, so erläuterte sie, nicht selten entwickelten sich Hochbegabte zu „Underachievern“. Darunter versteht man Kinder, die nach langer Unterforderung zu Leistungsversagern werden, die oft schüchterner, impulsiver und emotional erregbarer sind, über weniger Willenskontrolle verfügen und oft weniger beliebt sind. Und hier war Ingvelde Scholz dann auch schon bei ihrem nächsten Thema, beim Problem, wie man hochbegabte Kinder überhaupt erkennen kann. Denn entgegen der landläufigen handle es sich eben oft nicht um die klassischen Musteschüler. Die „Underachiever“ etwa würden von Lehrern meist nicht als hochbegabte Kinder erkannt. Zudem habe man herausgefunden, dass sich Lehrer bei ihrer Einschätzung sehr vom Temperament beeinflussen lassen. Sie neigten dazu, gut angepasste Kinder als „besser begabt“ zu bewerten als schwierige Schüler. Manchmal werde bei begabten Kindern auch Hyperaktivität diagnostiziert. Doch „ein hochbegabtes Kind wird ruhiger, wenn es gefordert wird – ein hyperaktives nicht.“ Als grober Hinweis könnten Lehrern und Eltern Merkmalslisten dienen. Sicherheit bringe aber nur eine Diagnose durch ein Testverfahren.

Welche Schwierigkeiten, aber auch welche Möglichkeiten es gibt, hochbegabte Kinder im Schulalltag zu erkennen und zu fördern, darüber sprachen dann Daniela Maschka-Dengler, Rektorin der Friedensschule auf dem Rehnenhof, und Edda Hogh, Schulleiterin der Klösterleschule. Maschka-Dengler schilderte einen gravierenden Fall, der sie und ihr Kollegium veranlasst habe, sich näher mit dem Thema Hochbegabung auseinander zu setzen. Tatsächlich handelte es sich um ein Kind, das sowohl im Elternhaus als auch in Kindergarten und Schule große Schwierigkeiten gehabt habe, das immer wieder störend aufgefallen sei und das tatsächlich fast in einer Sonderschule gelandet wäre. Mit großen Anstrengungen seitens Eltern und Lehrern sei es allerdings gelungen, das Kind in die Klasse einzugliedern – Wenn ich heute auch einiges anders machen würde“, so die Rektorin.

Ein rundum positives Beispiel hatte Edda Hogh herausgegriffen. Auch ihre Klasse besucht ein hochbegabter Junge, durch gesonderte Aufgaben und einen eigenen Wochenplan sei er aber voll in die Klasse integriert, fühle sich dort wohl. Seine Eltern seien deshalb auch dagegen, ihn eine Klasse überspringen zu lassen. Auch früher eingeschult wurde er nicht – vor allem die Erzieherinnen hätten den Eltern abgeraten. „Leider scheint an den Kindergärten immer noch die Meinung vorzuherrschen, Kinder müssten schultauglich sein, während wir schon lange von einer kindgerechten Schule ausgehen.“