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Wozu taugen Eliteschulen und Förderung
Rems-Zeitung vom 19.11.2005

Elite ist männlich, oder?

Schwäbisch Gmünd (gid) - Besonders in ökonomisch und bildungspolitisch (Schulden und PISA-Studie) kargeren Zeiten schreit der eine Teil der Bevölkerung nach Eliten, der andere schreit auf, wenn er dieses Wort nur hört. Zum Thema „Wozu taugen Eliteschulen und Eliteförderung" hatte die VHS in den Prediger eingeladen.

Ingvelde Scholz, die ehemalige Leiterin des Kompetenzzentrums für Hochbegabtenförderung in Schwäbisch Gmünd, und Diplom-Psychologin Verena Wespel, referierten faktenreich und nicht minder amüsant über die Situation der Eliten in Deutschland. „Jede Gesellschaft hat Eliten, ob es ihr passt, oder nicht. . .", eröffnete VHS-Leiter Reinhard Nowak die Veranstaltung.

Irgendwie kommen Eliten immer schlecht weg, zumindest wenn Ingvelde Scholz am Seminar für Didaktik und Lehrerbildung in Stuttgart, die angehenden Lehrer fragt, was sie mit dem Begriff „Eliten" verbinden: nur wenige geistige Führungskräfte, und zu oft tritt Soziales hinter Eigeninteressen zurück. Dabei möchten Eliten stets das Beste für die Gesellschaft. Im weiteren Verlauf erzählte Diplom-Psychologin Verena Wespel, dass es trotz der Elitenforschung bis heute keinen Konsens darüber gibt, wer zur Elite gehört, und wie oder worüber sie sich definiert. Entweder man(n) ist Elite oder nicht!

Humane und moralische Werte

Unterschieden wird bei den Eliten in drei Sparten: Funktionseliten, Machteliten und Werteeliten. Männer und Frauen der letzteren Kategorie sind den meisten Menschen am liebsten, da sich diese Eliten (meist aus Kunst, Kultur und Theologie) eher durch humane und moralische Werte auszeichnen. Die anderen findet man dann mit ihren herausragenden Talenten in den Bereichen Wirtschaft, Politik, Militär und der Öffentlichen Verwaltung. Visionen haben, Macht ausüben, Entscheidungen treffen. Laut Psychologin Wespel vereinbart der Bundespräsident alle drei genannten Sparten. Ein wichtiger Aspekt der Elitenforschung ist, wie sich Eliten zur -Masse verhalten.

Wie funktioniert die Kommunikation? Anscheinend hapert es gerade da, denn viele Menschen sehen sich meist als manipulierte Opfer eines elitären Blocks aus Militär-Politik- und Industrie. Deutschlands Wirtschaft scheint am Boden, also sollen es Eliten richten- doch wie rekrutiert eine Gesellschaft die „Auserwählten" von Morgen? Eben durch frühe Erkennung und Förderung der talentiertesten unter den Kindern. Kindergarten, Eltern und Schulen müssen besser kooperieren. Rekrutiert werden soll über Leistungen, die hervorstechen. Eigentlich dürfte Herkunft keine Rolle spielen, „wie PISA wieder einmal belegte", so Wespel. Und trotzdem ist es so. Besonders in die Obersten Positionen des Staates oder auf Chefsesseln der Wirtschaft, schaffen es zwar viele Gute, aber eindeutig spielt die soziale Herkunft auch eine bestimmende Rolle, wie eine Studie belegte (Prof. Hartmann, TU Darmstadt, Soziologie).

Ein „fleißiges Bienchen"

Im Männer-Zirkel der Macht, und das sind Eliten in Deutschland, kommen Frauen selten vor. Zu selten, wie Lehrerausbilderin Ingvelde Scholz, konstatierte. Bereits in der Frühförderung fielen die Mädchen durchs Raster, weil ihnen weniger zugetraut wird, als sie in Wirklichkeit drauf haben. Die Gesellschaft füttert die eigenen Klischees. Schreibt ein Mädchen sehr gute Noten, heißt es: „So ein fleißiges Bienchen", glänzt der Junge, dann aber: „Was für ein Kapsele", so Scholz.

Auch später bleibe es dabei, weiter oben werden Karrierefrauen weniger. Und landen sie doch in der Spitze, dann oft unverheiratet und kinderlos. Viele Menschen, auch männliche Zuhörer, sehen dies als logische Konsequenz. Die Frau bekommt eben Kinder, und soll die Kinder hüten, der Mann Ränkespiele um die Macht und ums Geld austragen. Fakt sei auch, so Scholz, dass sich Frauen oft selbst im Wege stehen, weil sie sich zurückhalten und unterschätzen, dabei arbeiten sie systematischer und teamorientierter als das andere Geschlecht. Jedenfalls waren sich die Zuhörer einig, dass mehr Frauen(-po-wer) in Entscheidungspositionen der Gesellschaft gut tun würde. Vielleicht auch der Wirtschaft. Im Wirtschafts-Bestseller „Nieten in Nadelstreifen", wurden nur männliche Wirtschaftsbosse portraitiert...