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Chancengleichheit auch für Starke
Schwäbische Post vom 24.11.2005

Sie ziehen sich zurück oder fallen sogar oft auch durch schlechte Leistungen auf. Wird Hochbegabung von Kindern nicht erkannt, kann das zu Problemen führen. Welche das sind und wie man sie vermeiden kann, darüber sprach Ingvelde Scholz in der Schillerschule Aalen: Begabte Kinder finden und fördern so der Titel ihres Vortrags.

VON DAGMAR OLTERSDORF

AALEN •  Das Thema ist brisant und angesichts einer Zuhörerschaft von rund 60 Lehrern und Eltern stellte Rektor Karl Frank auch einen hohen Informations- und Gesprächsbedarf fest. Kein Wunder, denn Hochbegabtenförderung stecke in Deutschland in den Kinderschuhen.
Und so begann die Leiterin der Projektgruppe Begabten- und Hochbegabtenförderung am Seminar Stuttgart mit Grundlagen. Soll man begabte Kinder überhaupt fördern? lautete die Eingangsfrage, welche Scholz mit einem klaren Ja beantwortete und ausführlich begründete.

Hochbegabtenförderung sei wichtig für eine positive Persönlichkeitsentwicklung. Ein Kind, das permanent unterfordert werde, lerne nie seine Grenzen kennen, argumentierte sie. Auch könne es zu Fehlentwicklungen wie Streber-Angst und Underachievment kommen. Aus Angst, wegen seiner Leistungen in der Gruppe isoliert oder lächerlich gemacht zu werden, entfalteten sich hochbegabte Kinder nicht voll oder zeigten sogar eine geringe Leistungsfähigkeit. Für die Förderung spreche auch, dass sozial benachteiligte Eltern Hochbegabter unterstützt und Eltern generell von dem Vorwurf befreit werden können, ihr Kind in den eigenen vier Wänden zu drillen. Und auch die Gesellschaft profitiere, argumentierte die Referentin: etwa durch die Nutzung geistiger Ressourcen oder Einsparungen beim Klassen-Überspringen. Nicht zuletzt auch das Recht auf Chancengleichheit spreche dafür, nicht nur schlechte, sondern auch hochbegabte Schüler zu fördern und sie nicht zu benachteiligen.

Doch wie erkennt man besonders begabte Kinder? Es kursiere die Meinung, dass diese bereits mit einem Jahr perfekt sprechen, mit zwei Jahren rechnen und mit drei Jahren lesen könnten. Nicht immer zutreffend, wie auch die Auffassung, Schulbegabung sei gleich Hochbegabung, sagte die Referentin. Hochbegabung sei vielmehr das individuelle Fähigkeitspotenzial für weit überdurchschnittliche oder außergewöhnliche Leistungen plus deren Umsetzung durch Motivation, Übung und förderliche Umweltbedingungen. Für Lehrer sei Hochbegabung auch deshalb oft nicht erkennbar, weil sie dazu neigten, angepasste Schüler als begabter zu bewerten als diejenigen, die negativ auffielen.

Als frohe Botschaft, präsentierte die Referentin daraufhin eine Merkmalsliste für Lehrer und Eltern. Nach dieser sind beispielsweise frühkindliche oder vorschulische Neugier und Wissbegier oder auch der Kontakt zu gleich befähigten, älteren Kindern oder Erwachsenen für Eltern Hinweise auf Hochbegabung; außergewöhnliche Gedächtnisleistungen, Perfektionismus und ein starkes Bedürfnis nach Selbststeuerung gelten als Anhaltspunkte für Lehrer. Auch ein getesteter Intelligenzquotient von 130 gilt als Merkmal.
Wie aber kann man solche Kinder fördern? Eine Frage, die auch die Zuhörer besonders interessierte. So berichtete eine Mutter von ihrem Sohn, der ständig unzufrieden gewesen sei. Nach langem Rätseln habe schließlich ein Test einen Intelligenzquotienten von 125 ergeben. Was nun tun?

„Gut ist es, solche Kinder etwa in Kinder-Unis oder durch Wettbewerbe alle paar Wochen zur Höchstform auflaufen zu lassen", riet die Referentin. Aber auch Wege wie die Früheinschulung, Überspringen von Klassen, Unterricht in höheren Jahrgängen, zeitlich paralleler Fachunterricht in leistungsdifferenzierten Fachgruppen, Spezialschulen und die Hochbegabtenförderung als Thema der Lehrerausbildung wurden in der abschließenden Diskussion angesprochen.